3. Advent – 14. Dezember 2025

Bina Jakob, Jüdin aus Lauterbach

Ein Leben voller Mut und Widerstandskraft

 

Geboren im Jahr 1880 in Öventrop (heutiger Stadtteil der Stadt Arnsberg in Nordrhein-Westfahlen), wuchs Bina Jakob in einer traditionsbewussten jüdischen Familie auf. Ihr Vater war Viehhändler – ein Beruf, der in ländlichen Regionen Deutschlands für viele jüdische Familien die Lebensgrundlage war.

 

Als junge Frau heiratete Bina den Viehhändler Moses Jakob aus Storndorf. Gemeinsam zogen sie nach Lauterbach, wo sie vier Söhne zur Welt brachten: Ludwig, Max, Julius und Benno. Ihr Zuhause in der Langgasse 19 war bescheiden, doch erfüllt von Leben, Hoffnung und Zusammenhalt. Heute erinnert nur noch die Ecke Kanalstraße/Langgasse an das einstige Familienhaus – ein stiller Zeuge einer bewegten Geschichte.

 

Moses Jakob war ein gebildeter Mann mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Aber im Vergleich zu den meisten anderen jüdischen Händlern in Lauterbach war er geschäftlich weniger erfolgreich. Es war Bina, die mit klarem Verstand und pragmatischem Geschick das Geschäft am Laufen hielt. Sie war eine Frau, die Verantwortung übernahm und sich Respekt erarbeitete – in einer Zeit, in der Frauen kaum als Unternehmerinnen wahrgenommen wurden.

In 1926 verstarb Moses plötzlich mit 58 Jahren. Nach seinem Tod wurde der Viehhandel nicht weitergeführt. Zu einer Zeit, in der verwitwete Frauen in den meisten Fällen bei Verwandten untergebracht wurden, sorgte Bina selbst für den Unterhalt ihrer Familie. Mit einer Einrichtung zum Räuchern von Fleisch betrieb sie eine kleine Räucherei, vermietete ihren Kuhstall und später Zimmer im Haus. So erwirtschaftete sie sich ein bescheidenes Einkommen.

 

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 veränderte sich alles. Bina wurde zur Zielscheibe  von Schikanen. Die Zeitzeugin Marie Dabrück, die bei ihr zur Miete wohnte, erinnert sich an den Schmerz, den Bina empfand, als sie plötzlich ab dem 19. Juli 1935 den Stadtpark nicht mehr betreten durfte. Ein einfacher Spaziergang wurde ihr verwehrt – ein Symbol für die systematische Ausgrenzung jüdischer Bürgerinnen und Bürger. 

Die Pogromnacht am 10. November 1938 brachte Angst und Gewalt direkt vor der Haustür. Fenster eingeschlagen, Türen eingetreten - und ihre jüngsten Söhne Julius und Benno wurden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt.  Julius nach Buchenwald (Häftlingsnr. 24549) und Benno nach Dachau (Häftlingsnr. 20140). 

 

Am 03.01.1939 wurde Benno aus dem KL Dachau entlassen. Am 04.01.1939 wurde Julius aus dem KL Buchenwald entlassen. Im Oktober 1939 konnten beide Brüder nach Palästina fliehen. Max, der zweitälteste Sohn, war bereits 1927 in die USA ausgewandert.

1940 gelang Bina selbst – gemeinsam mit ihrem ältesten Sohn Ludwig - die Flucht aus Berlin über die Schweiz nach New York. Mit gefälschten Papieren, unter Lebensgefahr. Eine Flucht, die Mut und Entschlossenheit verlangte. 

 

In New York arbeitete Bina  in der Altenpflege – ein stiller Dienst an anderen, bis ins hohe Alter.  Schließlich starb sie 1970 mit 90 Jahren in New York.

 

Diese Geschichte ist ein Mahnmal – und zugleich ein Leuchtfeuer. Bina Jacob steht für Stärke, Würde und Widerstand. Sie erinnert uns daran, wie wichtig es ist, Frauen aus der Vergangenheit sichtbar zu machen, ihre Stimmen zu hören und ihre Wege zu würdigen.  

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