Hessische Frauenschicksale: In der Fremde bestehen 

3. Advent

Ein Leben in der Wildnis: 

Maria Schultheis, Bermuthshain 

(ausgewandert 1909)

Unzählige Frauen haben in den vergangenen beiden Jahrhunderten ihre hessische Heimat verlassen müssen, oft aus wirtschaftlicher Not, und haben sich in fernen Kontinenten ein neues Zuhause aufgebaut.

Maria Schultheis, eine junge Frau aus Bermuthshain im hessischen Vogelsberg, brach 1909 frisch verheiratet nach Deutsch-Südwestafrika auf, wo sie mit ihrem Mann eine Farm gründen wollte. In Okahandja ließen sie sich noch im gleichen Jahr ins Handelsregister eintragen und eröffneten einen Kaufladen sowie eine Gastwirtschaft. Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, war damals alles andere als ein Traumland für Auswanderer.

Erst wenige Jahre zuvor hatten einheimische Herero-Krieger in einem Rache-Feldzug deutsche Farmen und Siedlungen überfallen, und die Zeitungen berichteten von Gräuel-Taten, abgehackten Körperteilen und schrecklichen Verstümmelungen der deutschen Opfer. Da brauchte es schon eine gehörige Portion Mut, um sich in der afrikanischen Kolonie ein neues Zuhause aufbauen zu wollen.

 

Der Historiker Carsten Eigner aus Bermuthshain hat die beeindruckende Geschichte der Maria Schultheis recherchiert und auf seiner Website über den Ort Bermuthshain festgehalten: „Maria Schultheis, die einzige Tochter von Heinrich Schultheis, hatte nämlich als Dienstmädchen bei der adeligen Familie von Müffling gearbeitet (…) Dort hatte sie den jungen Freiherren August Marcellinus Freiherr von Finster und zu Urfahrn kennengelernt, der aus Regensburg stammte. Die für damalige Zeiten eigentlich nicht ‚standesgemäße‘ Ehe der beiden wurde 1909 geschlossen. Hintergrund war die beabsichtigte Auswanderung von Finsters nach Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, wo die damalige deutsche Kolonialmacht auf die Verheiratung der deutschen Siedler mit Frauen aus Deutschland drang.

 

Die Eheschließung selbst erfolgte in Deutsch-Südwestafrika vor dem kaiserlichen Distriktgericht in Okandja, wo auch die drei Töchter geboren wurden. Nach Kriegsende 1918, als das Deutsche Reich alle Kolonien an die alliierten Siegermächte abtreten musste, kehrte die Familie wieder nach Deutschland zurück. Die Ehe wurde schließlich, auch aufgrund der zu Tage tretenden Standesunterschiede, geschieden, und Maria von Finster zog mit ihren Kindern in ihr verwaistes Elternhaus nach Bermuthshain.“  Startseite - Chronik Bermuthshain (chronik-bermuthshain.de)

 

Marias Ex-Mann kehrte 1921 nach Namibia zurück, wo er den Betrieb seiner Farm wieder aufnahm und das Brandzeichen JF 3 zugeteilt bekam. 1928 verstarb er im Alter von 50 Jahren in München. Für Maria blieb der Traum von einer Farm in Afrika nach dem ersten Weltkrieg ausgeträumt. Sie betrieb nach der Trennung von ihrem Mann in den 1920er und 1930er Jahren eine Pension für Feriengäste in Bermuthshain. 

Recherche und Text: Gabi Ruppenthal

Si Club Lauterbach Vogelsberg

Ihre Nachricht an uns:

praesidentin@si-club-lauterbach-vogelsberg.de

News

Wir sammeln Spenden für ein Frauenhaus im Vogelsberg

Druckversion | Sitemap
© Si Club Lauterbach Vogelsberg